Jens A. Koch

Kompetenzerweiterung des Bundespräsidenten für die elektronische Verkündung

1) “Kompetenzerweiterung des Bundespräsidenten für die elektronische Verkündung” (Bund)

Änderung von Artikel 82 Absatz 1 Satz 1 Grundgesetz:

Alter Wortlaut: “Die nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes zustande gekommenen Gesetze werden vom Bundespräsidenten nach Gegenzeichnung ausgefertigt und im Bundesgesetzblatte verkündet.”

Neuer Wortlaut: “Die nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes zustande gekommenen Gesetze werden vom Bundespräsidenten nach Gegenzeichnung ausgefertigt und im Bundesgesetzblatte, sowie im konsolidierten elektronischen Normarchiv verkündet.”

Ein Alternativwortlaut für “Normarchiv” könnte auch “Verkündungsblatt” sein.

Begründung:

Der technische Fortschritt macht eine Anpassung des Verkündungsformats erforderlich.

Die elektronische Verkündung ist im Grundgesetz als neue Kompetenz des Bundespräsidenten zu verankern. Dem Bürger wird auf transparente Weise ein unmittelbarer Zugriff auf die elektronischen Verkündungsblätter gegeben.

Die gegenwärtige Situation, der Abrufbarkeit von Normen aus dem Internet ohne eine amtliche und daher verbindliche Textfassung bei sichergestellter Konsolidierung ist nicht hinnehmbar. Die staatliche Portalseite “Gesetze im Internet” des BMJ suggeriert für den Bürger eine Richtigkeit und Verbindlichkeit der Normtexte die nach geltendem Recht nicht existiert. Auf “juris.de” wird lediglich der folgende Hinweis gegeben: “Die amtliche Fassung eines Gesetzes oder einer Rechtsverordnung enthält nach geltendem Recht nur die Papierausgabe des Bundesgesetzblattes, das vom Bundesministerium der Justiz herausgegeben wird und über die Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Amsterdamer Str. 192, 50735 Köln, bezogen werden kann”. Quelle: http://bundesrecht.juris.de/hinweise.htm, Letzter Abruf: 29.10.2008.

Hingegen hat die erste elektronische Verkündung einer Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (Wildvogel-Geflügelpestschutzverordnung) aufgezeigt, dass dieser Weg erfolgreich beschritten werden kann. Eine Erweiterung der Verwaltungspraxis auf Bundesgesetze sollte daher umgehend erfolgen. Hierfür ist eine Kompetenzerweiterung des Bundespräsidenten durch Grundgesetzänderung unumgänglich.

Weiterführende Links:

Im elektronischen Bundesanzeiger werden Verordnungen des BMJ verkündet.

Das Projekt ENorm erleichtert die Bearbeitung des Gesetzestextes und stellt die Vorstufe für eine zukünftige elektronische Verkündung dar.

Artikel von Wolfgang Kuntz, Verkündung, Veröffentlichtung und Konsolidierung von Gesetzen – ein Beitrag zur Diskussion, JurPC Web-Dok 151/2006, Abs. 1 – 39.

2) “Kostenloses Normarchiv / Verkündungsblatt” (Bund)

Es ist nicht einzusehen, warum der Abruf von Gesetzen oder Gesetzesänderungen eine kostenpflichtige staatliche Dienstleistung sein soll. Die kostenpflichtige Verbreitung der in den Verkündungsblättern enthaltenen Informationen ist weder zeitgemäß noch sinnvoll. Freier Zugang zu Rechtsinformationen beginnt dort, wo dem Bürger die Einsichtnahme in die Gesetze in verbindlicher, kostenfreier und öffentlich zugänglicher Form ermöglicht wird.

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